Der Billie Jean Regisseur über MJ und MTV

11. März 2023

„Er war eine neugierige Katze. Er hat nach allem gefragt. Er war fasziniert von der Handwerkskunst, der Kunstabteilung, von allem. Er war ständig auf der Suche nach Wissen. Er war ein Sammler von Informationen und Details. Ich hatte das Gefühl, dass er versuchte, die Magie in den Dingen zu finden – ein bisschen kindliche Neugier, aber mit einem erwachsenen Verstand.“

Der Regisseur Steve Barron erinnert sich im Interview mit yahoo an die Dreharbeiten mit Michael Jackson die „eine wirkliche Freude“ waren. „Billie Jean“ war der erste Clips aus dem Thriller Album und wurde vor 40 Jahren – ab dem 10. März 1983 – auf MTV ausgestrahlt. Doch beinahe wäre der Clip von MTV nicht gezeigt worden. „Es entspricht nicht dem Publikum von MTV,“ so die Begründung der Programmverantwortlichen, die auf dem Musiksender mehrheitlich weisse Rockbands spielten.

Steve Barron sagt, er sei geschockt gewesen, als er hörte, dass sein MJ-Clip womöglich von MTV ignoriert werden. „Ich ging davon aus, dass MTV diesen wirklich großartigen Popsong spielen würde, und so war ich wirklich überrascht, als ich hörte, dass er vielleicht nicht auf MTV laufen würde, nachdem wir ihn fertiggestellt hatten. Ich war verwirrt, warum, denn dieses Video fühlte sich anders an – es fühlte sich außergewöhnlich an, als ich es drehte, wie jenseits von allem anderen, was es da draußen gab, oder jenseits von allem, was ich je gesehen hatte, was Bewegung und Stil und Instinkt angeht“, erzählt Barron Yahoo Entertainment.

„Ich hatte einfach das Gefühl, dass das absolut nicht richtig war“, so Barron weiter. „Was meinen sie damit, dass es ’nicht ihr Publikum‘ ist? Offensichtlich war ich voller Misstrauen über die wahren Motive hinter der Nichtannahme des Videos.“

Nachdem der Präsident von CBS Records, Walter Yetnikoff, damit gedroht hatte, die Künstler seines Labels von MTV abzuziehen, wenn „Billie Jean“ nicht in die Rotation aufgenommen würde, lenkte MTV glücklicherweise ein.

Gemäss Rob Tannenbaum, Co-Autor von I Want My MTV: The Uncensored Story of the Music Video Revolution, sei Michael Jackson zwar nicht der erste schwarze Künstler gewesen, der auf MTV gespielt wurde. So hätten etwa The Specials, Tina Turner, Musical Youth, Prince und Eddy Grant einige Auftritte erhalten. Doch Rob Tannenbaum ordnet gegenüber The Root ein: „MTVs Playlist war zu 99% weiß, bis Michael Jackson seinen Weg auf den Sender erzwang, indem er die besten Musikvideos machte, die je jemand gesehen hatte.“

Der Billie Jean Clip wurde Ende März 1983 in die MTV-Rotation aufgenommen, erst einige Zeit nachdem die Single den 1. Platz der Billboard Charts erklommen hatte. Und so durchbrach Michael Jackson die Hautfarbebarriere des Senders. „Michael Jackson wurde zu MTV. Er war MTV“, sagt Regisseur Steve Barron.

„Denn Michael war der produktivste, brillanteste Künstler, den man sich vorstellen kann, und er kam zur gleichen Zeit, als das Musikvideo anerkannt wurde. Es war die Antwort auf alles. Es war das, was alles so enorm machte. Michael war der Künstler, der alle überragte, alle übertraf und besser war als alle anderen. Und so gab es diesen kleinen Widerstand, aber dann war da die totale Dankbarkeit“.

Michael Jackson wurde 1981 auf Steve Barrona aufmerksam, als dessen Clip „Don’t You Want Me“ für The Human League erschien und mit der filmischen Qualität auffiel, da dieser auf 35-Millimeter-Film gedreht wurde. „Ich glaube, Michael war offensichtlich sehr scharfsinnig und erkannte den Unterschied in der Filmqualität“, sagt Barron.

Die beleuchteten Bodenkacheln in „Billie Jean“ wurden von einem anderen frühen Video Barrons inspiriert, dem Video zu „Antmusic“ von Adam & the Ants.

Mit dem vagen Auftrag, „etwas ‚Magisches und Filmisches‘ zu kreieren“, kam Barron auf das Konzept, dass „alles um Michael herum leuchtet und im Grunde von seiner Energie kommt. Die Idee war wirklich der Midas-Touch, dass alles, womit Michael in Berührung kam, einfach leuchtete – dass er diese Superkraft hatte.“

Leider hatte Barron nur ein knappes Budget von 50.000 Dollar zur Verfügung – weit entfernt von den 150.000 Dollar, die CBS für das „Beat It“-Video ausgeben würde, das nur drei Wochen später sein Debüt auf MTV feierte (und direkt in die High Rotation ging), oder den 2 Millionen Dollar, die für „Thriller“ im Dezember 1983 ausgegeben wurden – also lief nicht alles nach Plan. Es stellte sich heraus, dass Barron mit 16-Millimeter-Film und nicht mit 35-Millimeter-Film drehen musste, und Jacksons Idee, die Schaufensterpuppen der Schneiderei zum Leben zu erwecken und hinter ihm tanzen zu lassen, wurde ebenfalls verworfen. Barron war auch nicht in der Lage, berührungsempfindliche Druckpads für die leuchtenden Pflastersteine einzubauen, was bedeutete, dass Jacksons Choreographie unglaublich präzise sein musste, um den richtigen Effekt zu erzielen.

„Die Kunstabteilung musste einen Kompromiss eingehen. Sie konnten sich die Druckpads einfach nicht leisten; sie konnten sich die Automatisierung nicht leisten. Und so lag es in den Händen von Elektrikern“, erinnert sich Barron. „Am Tag vor den Dreharbeiten überlegten sie sich, wie sie es einschalten konnten, wenn Michael über die Steine lief – ohne zu wissen, wie schnell er laufen oder tanzen würde. Es war also enttäuschend. Ich musste Michael am Morgen des Drehs tatsächlich über diesen Teil des Sets führen und entschuldigte mich: „Michael, es tut mir leid, dass diese Dinger nicht automatisch funktionieren. Ich werde dir zeigen, welche davon aufleuchten und welche nicht. Wir können das ein paar Mal proben.‘ Es war mir sehr peinlich, ihm das zu sagen, denn ich wusste, dass das ziemlich einschränkend war und man es erst lernen musste. Aber er sagte: ‚Nein, nein, lass uns einfach drehen.'“

Als die Kameras zu laufen begannen, war Barron „hin und weg“. „Ich hatte keine Ahnung, wie er sich bewegen würde. Er sah aus wie nichts, was ich je gesehen oder mit dem ich je gearbeitet hatte. Er fügte dem Tanz diese Art von Beklemmung hinzu, bei der es darum ging, sich zu erinnern, was leuchten würde und was nicht, aber für den Zuschauer hat es einfach diese Exzentrik und diese Unvorhersehbarkeit. Es war absolut magisch. Und als ich mit ihm den ganzen Refrain verfolgte, beschlug das Okular meiner Kamera buchstäblich wegen des Bildes. Die Hitze, mit der ich das Geschehen beobachtete, ließ es einfach im Nebel verschwinden, weil es so unglaublich war.“

Nach dem „Billie Jean“ Clipdreh, arbeitete Steve Barron erst 1992 wieder mit MJ, als dieser einen Clip zum Jackson 5-Klassiker „Who’s Loving You“ drehte, bei dem Aufnahmen des 13-jährigen Michael Jackson wiederverwendet wurden.

Quelle: jackson.ch, yahoo.com