Der deutsche Autor Thomas Groh hat sich die Mühe gemacht und die Polizeiberichte unter die Lupe genommen, die Radar Online kürzlich veröffentlicht hat und daraus eine Skandal-Geschichte bastelte. In seinem Artikel geht er auf die bei Michael Jackson gefundenen Magazine, Videos und Bücher ein.
Der lesenswerte und vielsagende Artikel (der Journalist hat einen 60-seitigen Bericht studiert und sich über die beschlagnahmten Gegenstände ins Bild gesetzt), kann hier gelesen werden: Michael Jackson und die Kinder – von Thomas Groh
Der Autor erklärt: „In erster Linie ist diese ganze Angelegenheit vor allem ein Lehrstück über journalistische Kultur im Zeitalter potenzierter Empörungswilligkeit. Es zeigt sich, mit welchen kleinen semantischen Verschiebungen sich ein Maximum an öffentlicher Welle hervorrufen lässt. Wer der Ansicht ist, dass die Behörden bei Michael Jackson Folter- und Missbrauchsmaterialien gefunden hat, geht seiner eigenen voyeuristischen Fantasie und der eigenen spekulativen Lust auf den Leim.“
Weiter schreibt er: „Den Polizeibeamten ist sicher kein Vorwurf zu machen: Sie haben mögliche Beweise eingeholt, diese kursorisch beschrieben und im Hinblick auf ein Gerichtsverfahren eingeschätzt. Überhaupt soll es hier nicht um eine Ehrenrettung Michael Jacksons oder um eine Spekulation darüber gehen, ob der Musiker Kinder missbraucht hat oder nicht. Nein, wichtig ist hier, mit welcher Selbstverständlichkeit Kunstwerke und Fotografien unter Bedingungen eines verlogenen moralischen Rigorismus zu verkommenen Objekten stilisiert werden. Dass daran maßgeblich eine Newskloake beteiligt ist, die einen erheblichen Teil ihres Umsatzes aus verklemmten „Oopsie“-Decolleté-News bezieht, ist noch die bittere, aber kaum verwunderliche Ironie der Geschichte.“
„Wäre das Szenario tatsächlich so, wie RadarOnline es insinuiert, müssten mit Fug und Recht Ermittlungsverfahren gegen sämtliche Onlinebuchhändler eingeleitet werden, da diese dann ja wohl Snuff- und Missbrauchsfotos vertreiben. RadarOnline käme in die Verlegenheit, erklären zu müssen, dass es sich etwa bei Simen Johans Arbeiten um Snufffotos von Kindesmisshandlungen handelt. Stattdessen wählt man drastische Wörter im Kommentar und verlässt sich darauf, dass allein jene Begriffe weitergetragen werden. Von den zweitverwertenden Journalisten wird sich doch gewiss keiner die Mühe machen, sechzig Seiten Ermittlerprosa durchzulesen und, Gott behüte, nebenbei auch noch Google zu konsultieren.“
Wir bedanken uns bei Thomas Groh für seine wertvolle Arbeit – die, wenn auch von ihm unbeabsichig, dazu beiträgt, den Respekt vor Michael Jackson und seiner Kunst nicht zu verlieren und nebenbei eindrücklich mahnt, vorsichtig und kritisch mit Berichten in den Medien, insbesondere im Internet, umzugehen.
Wir hatten in dieser Newsmeldung („Alte Story“) und später in diesem Beitrag („Staatsanwalt bestätigt“) zur Angelegenheit kurz Stellung bezogen. (Beide Beiträge wurden kürzlich aktualisiert.)
Quelle: jackson.ch, perlentaucher.de