Review History

HIStory (Disc II)

coverhistoryvon Ueli Meier

„Tired of injustice, Tired of the schemes, Kinda disgusted.“ Der erste Song Scream, das seit langem überfällige Duett mit seiner Schwester Janet Jackson, ist wütend. Ein eingespielter Nachrichtensprecher berichtet von einem afroamerikanischen Jugendlichen, der von der Polizei fälschlicherweise für einen Einbrecher gehalten, und erschossen wurde. Doch jedem ist klar, was Michael Jackson wirklich in derartige Wut versetzte: die Anklage wegen angeblichem Kindesmissbrauchs und wohl vor allem, wie die Medien damit umgingen. Im zweiten Stück setzt er noch einen drauf: „Beat me, Hate me, You can never break me, Will me, Thrill me, You can never kill me“, der auf Percussion fokussierte Track „They Donˈt Care About Us“ wird von einem Gitarrensolo Slashs abgerundet. Regenklänge leiten in den nächsten Song über, „Stranger in Moscow“, eine melancholische, von dezenten Gitarren-Klängen abgerundete Ballade über Einsamkeit.

Michael Jackson öffnet sich auf dem History Album. Doch obwohl Jackson emotionaler denn je singt, sein Gesang kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zusammenarbeiten mit Dallas Austin, Jimmy Jam + Lewis, nicht mehr die gleiche Chemie aufweisen wie noch mit Teddy Riley auf Dangerous, geschweige denn wie in den 80er Jahren mit Quincy Jones. Wirklich überzeugen können die Kompositionen, die er im Alleingang schrieb. So auch der „Earth Song“, eine Art Gebet, das von den Missständen im Umweltschutz und in Bezug auf die Menschenwürde handelt. Im innovativen, rhythmischen „Money“ geht Jackson auf Konfrontationskurs mit denjenigen, die Werte wie Religion und Patriotismus des Geldes wegen missbrauchen. Zynisch: „If you show me the cash, then i will take it, If you tell me to cry, then i will fake it, If you give me a hand, then i will shake it.“ Persönlich wird Michael Jackson in „D.S.“. Wenn auch im Booklet „Dom Sheldon“ zu lesen ist, so singt Jackson deutlich „Tom Sneddon is a cold man.“ Immer wieder. Sneddon ist der Staatsanwalt, der die Untersuchungen gegen Michael Jackson leitete. Provokativ beginnt die rockige Tanz-Nummer mit einem weinenden Baby und endet mit einem Gewehrschuss.

Das vor Selbstmitleid triefende „Childhood“ müsste nicht sein, doch starke Balladen wie „Stranger in Moscow“ oder die R. Kelly Komposition „You Are Not Alone“ machen diesen Tiefpunkt wieder gut. „Smile“ ist eine gelungene Neu-Interpretation vom gleichnamigen Lied eines Charlie Chaplin Filmes aus den 30er Jahren – mit vielen Streichern. Die gibt es auch im traurigen „Little Susie“, das vom Tod eines kleinen, einsamen Mädchens erzählt: „Neglection can kill, Like a knife in your soul, Oh it will, Little Susie fought so hard to live… She lie there so tenderly, Fashioned so slenderly, Lift her with care, So young and so fair.“ Die Balladen sind gut zwischen den schnellen, aggressiven Songs platziert und schaffen ein Gleichgewicht, das das History Album zu einem abwechslungsreichen, aufwühlenden Werk macht.

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Hintergrundinfos:

* Hinter dem Titel „HIStory“ verbergen sich verschiedene Bedeutungen. Er ist eine Anspielung an die Best of CD (Disc I) mit all den Songs, die Geschichte schrieben, und den politischen, an den einzelnen Zuhörer gerichteten Titelsong. Die Schreibweise verrät die dritte Bedeutung: His Story – seine ganz persönliche Geschichte.