Gestern war’s nun soweit. Einen Tag nach dem vierten Jahrestag von Michael Jacksons Tod nahm sein Sohn Prince den Zeugenstand ein. In den ersten 30 Minuten wurden den Geschworenen von den Jackson Anwälten diverse Videos und Fotos von Michael und seinen Kindern gezeigt. Anschliessend befragte Jackson Anwalt Brian Panish Prince zu den letzten Wochen in Michaels Leben. Michael Jackson hatte oft geweint, nachdem er mit AEG Live Leuten telefoniert hatte, so sein Sohn. „Er hatte gesagt ‚Sie werden mich umbringen; sie werden mich umbringen'“, so Prince. Mit „sie“ waren gemäss Prince AEG Live CEO Randy Phillips sowie Michaels Manager Dr. Tohme Tohme gemeint.
Prince sagte aus, dass Randy Phillips in der Nacht vor Michaels Tod in ihrem Haus war und Conrad Murray besucht hatte, während Michael noch bei den Proben war. „[Phillips] hatte [Murray] am Ellbogen gefasst. Aus meiner Sicht sah’s aggressiv aus. […] sie waren sehr nah beisammen und [Phillips] gestikulierte mit den Händen“, so Prince. Er habe jedoch nicht gehört, worüber sie gesprochen hatten. Nachdem er den Vorfall beobachtet hatte, rief Prince seinen Vater vom Häuschen der Sicherheitsleute aus an, um ihm zu sagen, dass Phillips bei ihnen zu Hause sei. Michael habe seinem Sohn daraufhin gesagt, er solle Randy Phillips etwas zu essen und zu trinken anbieten. Das war das letzte Mal, dass Prince mit seinem Daddy gesprochen hatte.
Das nächste Mal, als er seinen Vater gesehen hatte, hing dieser „halb von seinem Bett runter, seine Augen waren zurückgerollt“ und Murray hatte versucht, ihn wiederzubeleben. Paris war Prince die Treppe hinauf gefolgt, „aber wir haben sie die Treppe runtergezogen. Sie hat die ganze Zeit geschrien, dass sie ihren Daddy sehen wollte“, so Prince. Im Spital habe Dr. Murray ihnen dann gesagt: „Sorry Kinder, Euer Dad ist tot“, so Prince.
Im 25-minütigen Kreuzverhör versuchte AEG Live Anwalt Marvin Putnam Princes Aussage betreffend Randy Phillips Besuch bei ihnen zu Hause und dessen Auseinandersetzung mit Conrad Murray zu diskreditieren. Prince blieb jedoch bei seiner Aussage; er gestand einzig ein, dass es möglich sei, dass dieser Vorfall sich zwei Nächte vor Michael Jacksons Tod abgespielt hatte und nicht am Vorabend.
Brian Panish gab Prince weiter die Gelegenheit über den emotionalen Verlust, den die drei Kinder infolge des frühzeitigen Tods ihres Vaters, erlitten hatten zu sprechen. „Ich kann nachts nicht schlafen. Ich habe Schwierigkeiten, nachts zu schlafen“, so Prince. Der Tod seines Vaters habe ihn für eine Weile emotional von vielen Leuten distanziert gehalten. Er habe es vermisst, mit seinem Vater seine Erfahrungen nach seinem ersten Schultag, mit seiner ersten Freundin oder mit dem Autofahren zu teilen, sagte Prince.
Prince sprach auch über seine Schwester Paris und wie der Tod ihres Vaters sie speziell hart getroffen hat. (Paris‘ Selbstmordversuch und ihre Einlieferung ins Spital wurden im Gerichtssaal nicht angesprochen und es ist nicht klar, ob die Geschworenen wissen, dass dies vorgefallen ist.) „Ich denke, von all meinen Geschwistern, hat es sie wohl am meisten betroffen, weil sie die Prinzessin meines Dads war“, so Prince. Prince sagte auch, dass die zweitägige Befragung durch die AEG Anwälte im März dieses Jahres (im Rahmen der eidesstattlichen Zeugeneinvernahme) von Paris „schmerzhaft für sie“ gewesen war. „Sie hatte einige Probleme davor, danach und, so vermute ich, währenddessen“, so Prince. „Sie geht definitiv auf ihre eigene Art und Weise damit um“, so Prince weiter.
Wie wir am 22. Juni im Rahmen der Aussage von Michaels persönlicher Köchin, Kai Chase, berichtet hatten, feiert Paris ihren Geburtstag seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr, „weil es ohne [ihren Vater] nicht mehr dasselbe ist. Dies gilt ebenfalls für Prince. Michaels jüngster Sohn, Blanket, jedoch möchte seine Geburtstage weiterhin feiern. „Im Moment weiss ich nicht, ob Blanket realisiert, was er verloren hat. Er war so jung“, so Prince. Und wie er, habe Blanket keinen Vater mehr, der ihm den Weg zeigt.
AEG Live hatte versucht, Blanket im Rahmen dieses Prozesses ebenfalls zur Aussage zu nötigen. Die Richterin hatte den Antrag jedoch abgelehnt, nachdem ein Psychologe ausgesagt hatte, dass es dem Jungen schaden würde. Paris wird wie erwähnt aufgrund der laufenden psychiatrischen Behandlung nach ihrem Selbstmordbesuch ebenfalls nicht (mehr) vor Gericht aussagen. Es kann jedoch weiterhin vorkommen, dass Videoaufnahmen von ihrer eidesstattlichen Zeugenaussage im März vor Gericht verwendet und den Geschworenen gezeigt werden.
Die Geschworenen bekamen von Prince auch einen Einblick in die Welt von Michael und seinen drei Kindern. Unter anderem wurde ihnen ein bisher unbekanntes Home Video gezeigt, das an einem Weihnachtstag von Michael selbst aufgenommen wurde. Darin hatte er seine Kinder gefragt, wie sie „die Welt verändern“ möchten, wenn sie gross sind. Hier das Home Video.
Prince wurde zudem zu seinen Schulleistungen und seinen sonstigen Aktivitäten befragt. So erfuhren die Geschworenen, dass er sehr gute Noten hat in der Schule und Kampfsport betreibt sowie als Mechaniker für das Roboterprogramm seiner Schule arbeitet. Nach dem Abschluss der High School möchte er an die University of Southern California, Film und Business studieren gehen. Sein Vater habe ihm gezeigt, wie die besten Filmemacher ihr Handwerk betrieben. Prince ist ehrenamtlich auch im Kinderspital in Los Angeles tätig für ein Programm, das junge Patienten mit Büchern beliefert, „um sich von ihren Problemen abzulenken“, so Prince. Sein Vater habe „immer gesagt, man solle Gutes tun für die Gemeinschaft und man solle so oft helfen, wie man kann“, sagte Prince.
Den Geschworenen wurden auch Videos von Michael und seinen Kindern auf der Neverland Ranch gezeigt, bevor sie nach dem Arvizo Prozess von dort weggezogen sind. „Sie haben es meinem Dad verdorben“, sagte Prince. Überall auf dem Gelände der Neverland Ranch waren auch immer wieder Zitate und Gedichte seines Vaters. Eines davon lautet: „Wenn Kinder spielen, Tyrannen weinen, dann gibt es nichts zu sagen“. Als auch Videos von den verschiedenen Bahnen etc. auf Neverland gezeigt wurden, berichtete Prince, „Wir gingen nur bei besonderen Anlässen auf diese Bahnen und zum Zoo, weil mein Dad wollte, dass wir bescheiden bleiben“. Als ein Foto von Prince und Michael an einem Klavier gezeigt wurde, sagte Prince, dass er nie ein Instrument wird spielen können. „[U]nd ich kann definitiv nicht singen“, so Prince.
Prince erzählte auch, dass er zu Lebzeiten seines Vaters sechs Tage pro Woche Schule hatte; entweder wurde er von einem Lehrer oder von seinem Vater selbst unterrichtet. Ein wichtiger Aspekt war jeweils, über andere Kulturen und Religionen zu lernen. Prince betonte auch, dass Michael seine Kinder immer fragte, wie es ihnen in der Schule ging und was sie machten, um die Welt zu verbessern.
Ein Thema war auch das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit, als sie klein waren, „damit niemand wusste, wie wir aussahen, so dass, wenn wir mal ohne [unseren Vater] unterwegs waren, wir eine normale Kindheit haben konnten.“ Nachdem er nun konstant beobachtet bzw. verfolgt würde, verstehe er jetzt, warum sein Daddy das so wollte und gemacht hatte, sagte Prince.